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Der Finowkanal mit der Teufelsbrücke

Der Radweg entlang des Finowkanals bietet für jeden etwas

Naturschönheit, Paddelspaß und Lost Places

Immerhin ist er ein Rekordhalter: der Finowkanal, Deutschlands älteste künstliche Wasserstraße, erbaut in Handarbeit (!) von 1605 bis 1620. Er ist 32 Kilometer lang, und im Gegensatz zum parallel verlaufenden Oder-Havel-Kanal wesentlich romantischer, da nicht so schnurgerade.

Genau wie der Oder-Havel-Kanal verbindet der Finowkanal Oder und Havel und war für die Schifffahrt einst extrem wichtig. Er verfügt über 12 handbetriebene Schleusen; und bis vor kurzem konnte man waschechte, festangestellte Schleusenwärter dabei beobachten, wie sie diese bedienenten. Jetzt werden die Schleusen modernisiert und auf Automatikbetrieb umgestellt.

Blick auf den idyllischen Finowkanal
Blick auf den idyllischen Finowkanal

 

Links und rechts des Finowkanals, vor allem in Eberswalde und Finow, siedelte sich Industrie an – so viel, dass die Gegend bald den Beinamen „Märkisches Wuppertal“ erhielt.

Die imposanten Ruinen der Eisenspalterei, des Messingwerkes, des Walzwerkes, der Papierfabrik und dem Kraftwerk Heegermühle säumen den Finowkanal und zeugen von der Industriegeschichte. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Finowkanal zu klein für den starken Schiffsverkehr, deswegen ließ Kaiser Wilhelm II parallel zum Finowkanal den Oder-Havel-Kanal bauen, den er damals in Hohenzollernkanal taufte.

Die Radtour entlang des Finowkanals

Per Rad lässt sich der größte Teil des Finowkanals bequem abfahren. Vorteil: es ist immer eben, da ein Kanal bekanntlich keine Hügel hinauffließt. Man fährt meist auf dem sogenannten Treidelweg. „Treideln“ heißt: mit dem Seil ziehen. Wenn Kähne ohne Motor früher gegen den Strom fuhren, mussten sie von Menschen oder Pferden mit Seilen gezogen werden. Und diese Zugtiere liefen immer den Uferweg entlang.

Da es an der Mündung des Finowkanals in die Oder keinen Bahnhof gibt, empfiehlt es sich, die Tour am Bahnhof in Bad Freienwalde zu beginnen. Hier, am Rand der Märkischen Schweiz, ist es noch etwas hügelig.  Von Bad Freienwalde geht es Richtung Schiffmühle, dann durch ein Waldstück weiter bis zum Dorf Bralitz. Das hübsche Städtchen Oderberg, in dem bis vor wenigen Jahren noch eine große Werft für Schiffbau existierte, wird rechts liegengelassen.

Der breite Fluss, der jetzt auf der rechten Seite auftaucht, heißt Wriezener Alte Oder, er fließt in die Oder bei Hohensaaten. Kurz darauf tauchen zwei technische Ungetüme auf: die beiden Schiffshebewerke in Niederfinow. Hier lohnt es sich, eine Pause zu machen und sich diese Wunderwerke genauer anzuschauen. Das alte Hebewerk, ganz aus Stahl und Hunderttausenden von Nieten erbaut, ist noch immer in Betrieb.

Es wurde 1927 erbaut und hebt Schiffe in einer Art Aufzug mit Schwimmbecken (Trog) 36 Meter hoch, oder abwärts. So groß ist der Höhenunterschied des Kanals an dieser Stelle! Das neue Schiffshebewerk, das aus Beton erbaut wurde und noch größeren Frachtkähnen Platz bietet, sollte eigentlich schon im Jahr 2014 fertig sein, wurde aber erst 10 Jahre später eröffnet, worüber die Kapitäne der Ausflugsschiffe gerne Witze machen. Man kann sich beim Kanuverleih Oderberg auch ein Kanu ausleihen und damit direkt in das Schiffshebewerk paddeln, und sich dann liften zu lassen – ein erhebendes Erlebnis!

Neben dem Schiffshebewerk gibt es einige Schnellimbisse und Restaurants, die gerade modernisiert wurden und jetzt mit besserer Qualität aufwarten

Vom Hebewerk geht es an der kleinen Landstraße entlang zum Dorf Niederfinow, wo man dann endlich auf den „echten“ Finowkanal trifft. Und auch auf die erste Schleuse. Auf der Dorfstraße fährt man in Sichtweite des Kanals, an einem Mini-Campingplatz vorbei, Richtung Eberswalde.

Dieser Teil führt durch eine ursprüngliche Landschaft, das Nieder-Oderbruch. Besonders im Mai bietet sich hier ein tolles Naturerlebnis, wenn alles in Blüte steht. Der Radweg ist meistenteils geteert und gut befahrbar, man sieht kein Auto weit und breit, nur Felder, Wiesen und Wald. Vorbei an einer ehemaligen Forellenzuchtanlage geht es auf dem Treidelweg nach Eberswalde, man sieht unzählige Laubenpieper, die ihre Hütten aus DDR-Zeiten immer noch stolz hegen und pflegen.

Kurz vor Eberswalde kommt man an der ehemaligen Badeanstalt der Stadt vorbei. Das riesige Becken, direkt am Ufer des Kanals gelegen, ist heute leer und wird gerade zu einem Campingplatz und Bootsverleih namens Marina Park umgebaut. Gegenüber tauchen erste Industrieruinen auf, von denen es in den folgenden Kilometern noch viele weitere geben wird.

Kaum zu glauben, dass Eberswalde vor 36 Jahren noch eine echte Industriestadt war, in der tausende von Industriearbeitern im Blaumann jeden Tag ihrer Arbeit nachgingen. Die vielen, augenfälligen Baulücken in der Stadt haben ihren Grund übrigens in der Bombardierung Eberswaldes am Ende des Zweiten Weltkriegs durch die deutsche Armee. An diesem Tag wurde rund 35% der alten Bebauung der Stadt zerstört.

Wer jetzt vom Radfahren (es waren rund 30 Kilometer) genug hat, kann die Tour in Eberswalde beenden und hier zum Bahnhof fahren. Tipp für eine zünftige Brotzeit: die beste Bäckerei weit und breit ist die Bäckerei Wiese, gegenüber der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung.

Wer noch Kraft hat (oder ein E-Bike) kann weiterradeln bis zum Bahnhof Zerpenschleuse, nochmals rund 20 Kilometer. Im Folgenden reiht sich ein Industriedenkmal an das andere. Es fängt an mit dem alten Containerbahnhof, vom dem nur noch alte Gleise übrig sind, die von jungen Birken überwuchert sind. Nach unzähligen weiteren Kleingärten schlängelt sich der Radweg dann zwischen Ufer und dem Zaun des „Familiengartens“ in Eberswalde.

Der Familiengarten, angelegt zur Bundesgartenschau, ist eine Mischung aus Industriepark, Spielplatz, Gartenschau und Eventflächen. Alles überragt vom riesigen „Eberkran“, ein 58 Meter hoher Kran vom Ardelt Kranbau Eberswalde, eine Fabrik, die zu DDR-Zeiten Kräne in alle Welt exportierte und immer noch aktiv ist.

Nicht weit entfernt eine Dampflok der Chemischen Fabrik Eberswalde, die es schon längst nicht mehr gibt. Von der Eisenspalterei ist nur noch die Ruine zu sehen, die Hufeisenfabrik, die einst ganz Brandenburg mit Hufeisen versorgte, ist heute eine Stadthalle. Nach einer weiteren Schleuse kommt eine Brücke über den Finowkanal, die sich auf Knopfdruck des Bootskapitäns nach oben bewegt und so die Schiffe passieren lässt.

Unmittelbar dahinter steht ein Bauwerk, das an den Berliner Bahnhof Friedrichstraße erinnert. Kein Wunder, die Borsighalle wurde nach dem gleichen Bauprinzip wie der Bahnhof Friedrichstraße errichtet. Die gerade aufwendig renovierte Halle war einst der Prototyp einer stützenfreien Werkshalle.

Auf der gleichen Uferseite folgt die Papierfabrik Wolfswinkel, ein unüberschaubares Wirrwarr aus Industrieruinen, ein Schatz für jeden Fan von Lost Places. Hier wurden zu DDR-Zeiten hochwertige Büttenpapiere hergestellt, die sogar von der englischen Queen gekauft wurden.

Wasserturm von Wolfswinkel in Eberwalde - Blick von der Brücke an der Eisenspalterei
Wasserturm von Wolfswinkel in Eberwalde – Blick von der Brücke an der Eisenspalterei

Leider lässt sich die Ruine nicht betreten; den Männern, die zur Zeit auf dem Gelände wohnen, sollte man besser nicht zu nahe kommen. Vor der Schleuse Wolfswinkel kann man noch die imposante Ruine des Kraftwerkes Heegermühle bestaunen, einst als Vorbild für Kraftwerksarchitektur errichtet. Ein paar Kilometer weiter erreicht man Finow, überragt vom Finower Wasserturm. Daneben die Messingwerksiedlung, und acht Kupferhäuser aus den 30er Jahren.

Der Finowkanal mit Blick zum Finower Wasserturm
Der Finowkanal mit Blick zum Finower Wasserturm

An dieser Stelle gibt es einen schönen Rastplatz direkt neben der romantischen „Teufelsbrücke“, die man besser nicht überquert. Sie stand früher in Berlin und wurde in nicht ganz geklärten Umständen 1913 nach Eberswalde gebracht.

Und für das kleine oder große Geschäft steht auch eine der modernen, nachhaltigen Trockentoiletten von Finizio aus Eberswalde zur Verfügung. Benutzung garantiert geruchsfrei! Immer auf dem Treidelweg weiter bis Finowfurt, wo der Weg dann vom Kanal weg führt und erst an der Grafenbrückschleuse wieder zum Kanal zurückführt. Von hier aus ist es nicht mehr weit bis Zerpenschleuse. Hier fahren Züge der Niederbarnimer Eisenbahn direkt nach Berlin-Karow.

Mit dem Kanu den Finowkanal entdecken

Wer den Finowkanal vom Kanu aus entdecken will, was mindestens genau spannend ist wie mit dem Rad, kann sich Kanus bei folgenden Verleihen ausleihen:

Kanustation Oderberg

www.kanu-oderberg.de

Kanuverleih an der Stadtschleuse Eberswalde

www.biberfloss-finowkanal.de

Bootsverleih Finow

www.bootsverleih-schorfheide.de

Kanuverleih Marienwerder

www.bootshaus-lotti.de

Kanuverleih Zerpenschleuse

www.am-langen-troedel.de

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  • Beitrags-Kategorie:Freizeit
  • Beitrag zuletzt geändert am:1. April 2025